Deutsch-ukrainischer Abend am 07.07.2022

Eine auf professionellem Niveau konzipierte und dargebotene Folge von Szenen, die ans Herz gingen, ohne jemals rührselig zu wirken, ein Buffet mit vielerlei Fingerfood, deutsch-ukrainisch-russisch-englisches Stimmengewirr und die offensichtliche Freude an der gemeinsamen Aktion, das war der deutsch-ukrainische Abend „mit Theater, Snacks und ganz viel Herz“ in der Aula des Gymnasiums Soltau.

Die Begrüßung dauerte lange, denn alles musste übersetzt werden. Schulleiter Volker Wrigge berichtete über die Tutor Groups unter der Leitung der ukrainischen Kolleginnen Alina Movchan und Kristina Postanovska, die mit ihren Kindern hier Zuflucht gefunden haben. Beide sprechen noch kaum Deutsch, aber darauf kommt es nicht an: „Es ist unbedingt wichtig, dass die ukrainischen Schüler miteinander umgehen können, und zwar in ihrer Muttersprache.“ Das Gehalt hat anfangs der Förderverein des Gymnasiums aufgebracht, wofür das Publikum kräftig applaudierte. Tilman Förster vom Förderverein berichtete, dass ab demnächst das Land die Kosten übernimmt.

Dr. Victoria Buchterkirchen leitet den Kurs „Darstellendes Spiel“ für das elfte Schuljahr. Im Frühjahr waren einige ukrainische Schüler dazugestoßen. Hier konnten sie sich einbringen, auch ohne Deutschkenntnisse, denn Darstellendes Spiel ist mehr als Sprechtheater. Nach und nach kamen weitere hinzu, auch aus anderen Jahrgängen, und es entstand die Idee zu einer größeren Veranstaltung „für das Theaterstück und fürs Kennenlernen“. Alle Szenen und Choreografien haben die Schüler im Kurs entwickelt und zuletzt auch viele Freistunden und Nachmittage darauf verwendet.

Das Stück war strukturiert in der Art einer Revue, Dialoge wechselten mit Tänzen und Pantomime. Zu Beginn tauscht eine Clique vage Informationen über die Neuen aus der Ukraine aus. Später versucht eine Heidjerin einen Ukrainer für Mettbrötchen und er sie für Salo, gewürzte Speckscheiben, zu begeistern, beides ohne Erfolg. Aber „Fischers Fritz“ weckt das Interesse des Ukrainers, der noch kein Wort Deutsch spricht. Es folgten karikierende Szenen nach dem Schema „Lehrer kapiert nicht, dass hier zwei Schüler sitzen, die nichts verstehen“. Während Frau Möchtegern auf „Iphigenie auf Tauris“ als deutsches Kulturgut pocht, wird der Umgang der Schüler miteinander immer selbstverständlicher. Bei der Erdkunde-Klassenarbeit lenken einige Nervensägen alle paar Minuten die Lehrerin ab, damit die besten Schüler mit ihren ukrainischen Kameraden die Arbeitsblätter tauschen können. Ukrainer, die einander am ersten Schultag zufällig begegnen, helfen sich gegenseitig: „Wenn du nicht weißt, wo du hin musst, es gibt eine Stundenplan-App.“ Gegen Ende flutscht der Zungenbrecher „Fischers Fritz“ in fast flüssigem Tempo. Auch hier wieder großer Applaus.

„Und wie wäre es umgekehrt?“ fragen die deutschen Darsteller. „Wie würde sich das für uns anfühlen, so ganz fremd und ohne Sprache?“ Es folgte eine Szene, die unter die Haut ging. Drill in einer Schule in der Ukraine, alle müssen aufstehen und „Guten Morgen, Herr Lehrer“ sagen. Die Deutschen sind überfordert, der Lehrer hat eine Idee: Zuhören, wiederholen! Er singt ihnen die halbe Zeile „Szcze ne wmerła Ukrajiny“ vor, aber nicht einmal das schaffen sie.

Die Szene war so eindeutig, auch der Versuch der Schüler, ihrem Lehrer zu erklären, warum die beiden Gäste nichts verstehen, so überzeugend mit allen Mitteln der Körpersprache dargestellt, dass die Ratlosigkeit spürbar im Raum hing.

Zwischen den Dialogen standen teils sportliche Tänze, teils pantomimische Szenen, in denen die ganze Gruppe nach und nach die fünfundzwanzig Ukrainer mit ihren fünfundzwanzig Hobbies vorstellte. Am Ende erschienen Plakate zu den im Chor ausgesprochenen Wünschen der Jugendlichen für sie selber und für die Welt.

„Das ging unter die Haut“, sagten mehrere Zuschauer, die gar keine persönliche Beziehung zur Ukraine haben. Das ging unter die Haut, weil nichts zerredet wurde. Das große Herz auf dem Plakat hatte recht.

gst

Vorbericht

Am 7. Juli findet in der Aula des Gymnasiums Soltau ein Deutsch-Ukrainischer Abend mit Essen, Snacks und einem Theaterstück statt. Das Theaterstück wird gemeinsam von ukrainischen und deutschen Schülerinnen und Schülern aufgeführt. Die Mitwirkenden haben das Stück über Wochen einstudiert und mit viel Herz ins Leben gerufen. Die Schülerinnen und Schüler freuen sich über ein großes Publikum und sind dankbar für jede Kuchen und/oder Essenspende.

Sie sind herzlich dazu eingeladen, dieses besondere Theaterstück zu besuchen.

Maarit Schneiders (6b)